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500 Jahre Bibelübersetzung – „Die Räuber ’77“ tragen vor…

die Worte schmecken gut
Stunden mit Sätzen
die ich lutsche
wie süße Bonbons

… heißt es im Gedicht  „Lesen im dicken Buch“ von Christiane Hedtke und das passt zu dem heiter-harmonischen Zusammenspiel von Kunst, Musik und Literatur, das in der Veranstaltung zur Ausstellung „500 Jahre Bibelübersetzung von Luther“ geboten wurde.
Hell und freundlich ist der Raum des evangelischen Gemeindehauses. Bunt bereichert und interessant wird er durch die Bilder und Skulpturen, die der Kunstverein Heddesheim präsentiert.
In diesem Ambiente lasen Christiane Hedtke, Kira Schmitz, Kristin Wolz und Manfred Klenk. Christian Kurtzahn inspiriert von diesen Vorträgen, improvisierte am Klavier, ließ Klänge von „Ein feste Burg ist unser Gott“ oder „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ einfließen.

Den Auftakt gestaltete K. Wolz mit einer Rede zu Bernd Gerstners Luthergemälde, das im unteren Teil Luthers karge Schreibstube zeigt. Über Sprachenvielfalt und Übersetzungsmöglichkeiten bis hin zu sprachphilosophischen Skizzen reichte der Bogen.

M. Klenk las mit C. Hedtke eine Collage aus Bibeltexten und eigenen Gedichten „Gottesferne – Menschennähe“.
Ein besonderes Duett formte K. Schmitz mit zwei Gedichten zu Bildern von Veronika Drop „Kampf Jakobs“ und „Kampf beim Schreiben“. Nach einem Vortragen der einzelnen Gedichte, wurden die Strophen der beiden Gedichte miteinander „verzahnt“.

Ich stehe am Fluss
Die zu mir gehören
Schon drüben
(Gedicht 1)

Ich sitze am Schreibtisch
Starre auf das Blatt im Display.
(Gedicht 2)

Vom Lesen hatten es C. Hedtke und K. Wolz. C. Hedtke mit einem Longgedicht, das poetische Facetten des Lesens zur Wirkung brachte, während K. Wolz das heutige Effizienz-Denken, die Nützlichkeit des Lesens, Martin Luthers meditativem Lesen, das er in seinem „vierfach Kränzlein“ beschreibt, gegenüberstellte. Beide bezogen sich auf das Werk „Mensch beim Lesen“ von Kurt Adam Arnold.

Karl Heinz Treibers Triptychon „Alpha und Omega“ eröffnete weite Räume, die mit Gedichten zum Paradiesgarten, Apfelbäumen, zum Lob auf die Natur gefüllt wurden  (C. Hedtke und K. Wolz).
M. Klenk beschäftigte sich mit dem Bild der „Spinne“ von Herbert Wolz und verknüpfte die biblische Hiobsbotschaft mit den Motivationen des Künstlers, der das Netzwerk von einer Spinne vor dem eigenen Fenster bewundert.

Zur Fotografie von Renate Barth „Gewölbe“ führten C. Hedtke und K. Wolz das Publikum in Momente der Stille:

sonnengeblendete augen schließen
gewölbe um gewölbe in mir und
öffnen
lippen zum lächeln
gespiegelt im gesicht des andern
(K. Wolz)

Den Abschluss bildete M. Klenk mit „De profundis“, das wie eingangs eine Collage aus Bibelzitaten und eigenem Dichten besteht und endet:

Wir sahen das Paradies…Menschen fern
Im reißenden Fluss der Gier
Vom Überfluss abwärts getrieben…Paradise lost.

Und doch rang diese Lesung dem „Paradise Lost“ schöne Momente ab.  Bei allen Beteiligten  und den Gästen war die Freude zu spüren, Teil eines „Gesamtkunstwerks“ zu sein.
Die Reaktionen des Publikums hießen von „anregend“, „ganz unerwartet“ bis hin zu „wunderbar harmonisches Miteinander“ , „beeindruckend die Improvisationen“ und schafften sich Ausdruck in einem langen Applaus.

k.w.