panzer für den frieden

eine hündin bellt stahlträger an
scharrt mit blutenden pfoten

in trümmern das fiepen der welpen

eine frau kniet nieder
sie und hündin auf augenhöhe

teilen das weh aller mütter

panzer stolpern über straßen
über frau und hündin hinweg

ihr kind unterm schutt

              © kristin wolz

blatt vom olivenzweig
(Ahrtal. Deutschland)

noah ging vor der flut in die arche
mit seinen söhnen, seiner frau
und den frauen seiner söhne.

wer warnte die menschen im tal?

es war nacht, als die ahr wild
tanzte und vielen alles nahm
söhnen ihre mütter, töchtern ihre väter

wo war die arche?

eine frau öffnet ihre wohnung
schlafplätze für nachbarinnen bietet sie
kocht kaffee, sie wartet nicht auf

das blatt vom olivenzweig

© kristin wolz
(GEDOK: Wir sprechen vom Wasser. projektverlag.2022)

spät am abend

das licht der tastatur erlischt
der laptopdeckel fällt
sie lehnt sich zurück, schließt lider,

die stimmen im innern werden laut

gedichte kauern in ecken
eingeschüchtert

die decke des gewissens ist dünn
worte schlüpfen heraus
wollen leuchten

© kristin wolz

ein kranich fliegt über den weiher

ich wechsle meine kleider
werde zum pfad
er führt zum weiher
in dem du badest

ich wechsle meine kleider
werde zur seerose
du berührst meine blätter
eine feder fällt

© kristin wolz
(Verschenk-Calender 2023. verlag kleine schritte)

Ich sammle
in meinen Hut
alle Blumen der Welt
und in mein Herz
die Strahlen der Sonne

Gib mir die Schwingen
des Vogels
und die Wurzeln
der Bäume
das Blühen
der Heckenrose
und die Ruhe
des Steins
die Augen
der Kinder
und die Geduld
des Feldes
Lass mich
die Sonne trinken
und Blumen
sammeln

Es wird nötig sein

© Rita Hausen

Die Blume

Vergessen am Rand
Stand eine Blume, fast erfroren
Und war schon verloren
Als ich sie fand.

Rauhe Schritte
Zerbrachen die Blüte
Es half keine Bitte
Und keine Güte.

Am Wege sich neigend
Muss sie vergehen
Zart und schweigend
Lässt sie´s geschehen.

© Rita Hausen

Frauenprotest im Iran

Das waren für mich schöne Bilder in den Nachrichten, als die Frauen im Iran sich ihre Verschleierung vom Kopf rissen und ihr Haar im Wind wehte. Das hat mich an einen Song aus dem Musical „Hair“ erinnert:
Wunderbar ist so langes Haar,
Lass es leben,
Gott hats mir gegeben,
Mein Haar!
Lass es spielen im Wind.

Wie in den 1960/70er Jahren sind Haare wieder zum Ausdruck der Freiheit geworden.

Welche Kleingeistigkeit herrscht, wenn Sittenwächter darauf achten, dass ja keine Haarsträhne unter dem Kopftuch hervorlugt. Wovor haben diese Männer Angst? Haben sie Angst, sie könnten sich in den langen Strähnen verfangen?
In vielen Kulturen ist das weibliche Haupthaar in der Tat Inbegriff der Verführung. In der iranischen Kultur wird es, seitdem 1979 der Schah gestürzt wurde und die Mullahs das Regime eines Gottesstaates aufgebaut haben, verhüllt, damit es nicht verführt.
Über sein Haar jedoch selbst zu bestimmen, das ist das Symbol, das gerade in die Welt gesendet wird. Wenn sich Frauen ihre Haare abschneiden, demonstrieren damit, dass sie “Herrin” (!) ihrer Körper sind. Sie wollen darüber selbst verfügen, es entweder zeigen, verdecken oder kürzen. Alles, was Frauen im Moment mit ihren Haaren machen, ist daher von großer Symbolkraft. Das lässt sich auf den gesamten weiblichen Körper übertragen. Es ist Frauen in bestimmten Regionen dieser Welt nicht gestattet, auch nur ein Stückchen von sich zu zeigen. Sie gehören nicht sich selber, sondern dem Mann. Und dagegen wehren sie sich nun vehement.
Indem unzählige Frauen sich ihr Kopftuch herunterreißen und teilweise spektakulär verbrennen, protestieren sie gegen die repressive und frauenverachtende Politik der Islamischen Republik. Denn die Kopftuchpflicht für Frauen gehört neben der religiösen Staatsführung und der Feindschaft zu den USA und Israel zu den Grundfesten des Landes. Somit geht es um eine grundlegende Kritik am politisch-religiösen System des Irans.
Es geht um die Selbstbestimmung der Frauen, denn das System der Islamischen Republik macht die Frauen zu Personen zweiten Ranges und verwehrt ihnen grundlegende Lebenschancen.

Kopftuch und Verschleierung sind wichtige Werkzeuge der Unterdrückung: Damit hat man damit schon mal per se die Hälfte der Bevölkerung unter Kontrolle gebracht. Und es symbolisiert sehr stark, weil es in das persönliche Leben der Menschen eingreift. Es zeigt, was man alles mit Menschen machen kann, indem man ihnen so etwas aufzwingt. Und vor allem indem man es so harsch und rigide kontrolliert.
Wie viele Jahre ertragen die Frauen das schon?!
Nun ist das Fass zum Überlaufen gekommen. Nun auf einmal war es vor allem den Frauen ein Zuviel an Unterdrückung. Und in der Folge konnte man sehen, wieviel Gewalt nötig ist, um diese Befreiungsbewegung aufzuhalten. Schreckliche, blutrünstige Gewalt, die auch die Männer trifft, die sich für die Befreiung der Frauen und der gesamten Gesellschaft stark machen. Denn Männer haben sich von Anfang an mit den Frauen solidarisiert. (Es gibt im Übrigen auch Kleidervorschriften für Männer)
Die Proteste, die sich gegen die Kleiderordnung richten, sind Proteste gegen eine engstirnige Theokratie, die von meist alten, bärtigen Männern ausgeübt wird.
Es ist sehr viel Mut nötig, um weiterzukämpfen, denn die Verhaftungen und Verfahren gegen regimekritische Demonstranten nehmen nicht ab. Aber offensichtlich kann das den Protest nicht ersticken.
So hoffe ich für die Menschen im Iran, dass ihr Kampf nicht umsonst ist und dass er zu mehr Freiheit führt.

© Rita Hausen




Frech

Freche Frauen

tragen Freude

strecken dem Staubsauger

die Zunge raus

umarmen die Sonne

und die Freundin

werfen das Staubtuch

nach dem Abenteuer

kaufen sich selber

eine rote Rose

© Christiane Hedtke



Worthexe

Sie kleidet ihre

Gedanken in Sprache

in Sätze

die so kurz sind wie

ihr Gedächtnis

verzaubert die Worte

in Licht

in Farbe

in Flamme

in Silbenfunken

fangen Konsonanten

Feuer

die Vokale zittern

dunkel

im Rauch

© Christiane Hedtke




Tanzen

Die Glaswand

Unmöglichkeit

mit einem Purzelbaum

des Übermuts

öffnen

gegenwartssekundenlang

sie durchbrechen

mit den Farben der Musik

sich wegtanzen

aus der Zeit

© Christiane Hedtke