Zum Inhalt springen

Martin Beickler, Antares im Weltental
(von Rita Hausen)

Es geht in diesem Buch um einen interstellaren Flug, der 1600 Jahre dauern soll. Ziel ist ein Planet in einem anderen Sonnensystem. Etwa 100.000 Menschen leben Generation um Generation im “Weltental”, einer Art weitläufigem Biotop, das von der Crew des Raumschiffes gesteuert und überwacht wird. Nach ca. 800 Jahren geschieht ein großes Unglück, das die Menschen verstört. Es kommt zu Ausschreitungen und Zerschlagung der Kultur, bei der viele Menschen umkommen. Fanatiker verdammen und zerstören alle technischen Errungenschaften, so dass die Menschheit praktisch von vorn anfangen muss. 800 Jahre später gibt es wieder Strom, Elektroautos und eine hoch entwickelte Wissenschaft. Doch diese wird von weltlicher und kirchlicher Macht überwacht. Niemand weiß mehr etwas von der ursprünglichen Mission.
Die Menschen leben in einer kleinen abgegrenzten Welt, die ein Kontrast bildet zu der Weite des Universums, in dem sie unterwegs sind und von dem sie nichts wissen.

Als der Physiker Antares nach und nach dahinter kommt, dass es eine Welt außerhalb des Weltentales gibt, wird er zum Schweigen verdammt. Antares entdeckt auch, dass die Fliehkraft alles alles an ihrem Platz hält, nicht die Schwerkraft. Man fühlt sich beim Lesen an Galilei erinnert, der um 1600 (!) lehrte und von der Kirche mundtot gemacht wurde. Hier gibt es deutliche Parallelen.

Neben diesen wissenschaftlichen Themen geht es auch um soziale und menschliche Beziehungen, um Liebe und Freundschaft sowie deren Gegenteil wie Hass, Unterdrückung und Feindschaft.
Das Buch ist sehr ideenreich und äußerst spannend. Die Perspektive wechselt zwischen den Erlebnissen im Weltental, den Logbüchern verschiedener Kapitäne des Raumschiffes und den Aufzeichnungen von Menschen früherer Generationen. Der Leser wird nicht erdrückt mit technischen Details, auch Gefühle und Schicksale einzelner Menschen werden vermittelt. Mit der Hauptperson Antares kann man sich gut identifizieren.

Auch sprachlich ist das Buch hervorragend. Der Autor gebraucht anschauliche Bilder und Symbole und schreibt an manchen Stellen in einer Art Stakkatostil: kurze Sätze, Einwortsätze, die auf einen einprasseln, was die Spannung und Anschaulichkeit erhöht.
Ich habe das Buch mit Vergnügen gelesen, und ich kann es allen Science-Fiction-Fans empfehlen. Es hält in etwa die Mitte von Hard Science Fiction und Soft Science Fiction, könnte also für viele interessant sein. Ich wünsche dem Buch jedenfalls viele Leser.
Fazit: Intelligente Unterhaltung – hintergründig und spannend.

Verlag TWENTYSIX, Oktober 2020
print: ISBN 978-3-7407-6835-5, 12,90 €
e-book: ISBN978-3-7407-9655-6, 4,99 €

Bitte beachten Sie auch den Beitrag von Rita Hausen:
Simulation und Warnung – Zukunftsvorstellungen in der zeitgenössischen Literatur